Digitale Demenz ist ein Problem der Deutschsprachigen, sagt Google. Und Manfred Spitzer.

Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, Manfred Spitzer keine weitere Plattform zu geben,  indem ich auch noch darüber schreibe. Weil ich eine Anfrage zur Betreuung einer Diplomarbeit zur „Digitalen Demenz“ und den Auswirkungen für den Einsatz neuer Medien an österr. Fachschulen erhalten habe, schreibe ich nun doch.

Was es mit dem Begriff und neuem Phänomen „digitale Demenz“ auf sich hat, kann man in einem Beitrag von Telepolis aus dem Jahre 2007 gut nachlesen: Immer mehr südkoreanische junge Erwachsenen sind laut einer Befragung eines Jobportals von ihren Mobilgeräten abhängig und wissen viele Dinge – Passwörter, Telefonnummern, Geburtstage – nicht. Ein interessantes Phänomen, ja! Durchaus wert, die Erfahrungen aus Korea aufzugreifen, die Situationen der Länder zu vergleichen und zu überlegen ob es etwas ähnliches auch in Europa zu befürchten gibt, ob man davor Angst haben muss und wie man dem vorbeugen kann.

Dass es digitale Demenz geben MUSS begründet Prof. Manfred Spitzer auf so überzeugend und großartige Weise, dass ich das unbedingt teilen muss:

Das lustige war: Ich hatte bereits im Internet recherchiert. Bei Google Scholar gibt es derzeit 6 Treffer, nur einer scheint dazu zu einem wissenschaftlichen Fachbeitrag zu führen, dieser führt  Neologismen auf. (Ein Verweis zu Spitzers E-Book gibts natürlich, aber das zähl ich nicht zu wissenschaftlichen Publikationen). In der pädagogischen Fachdatenbank ERIC habe ich überhaupt keinen Treffer dazu gefunden.

Gut, Prof. Manfred Spitzer schreibt ja auch nichts von Fachdatenbanken sondern verwendet als größten Trumpf in seiner Argumentation die „Treffer bei Google“.

Dann mach ich das halt auch.

Lieber Herr Spitzer, leider muss ich Ihnen mitteilen: Das Thema verliert weltweit an Bedeutung (nurmehr 32.000 statt 38.000 Treffer). [ich schreib es lieber hin, bevor mich jemand über die Funktionsweisen von Google aufklärt: DAS IST IRONIE – bitte die entsprechenden Aufklärungstexte an Prof. Spitzer schicken, manfred.spitzer[at]uni-ulm.de]

Allerdings hat die deutschsprachige Version reichlich an Aufmerksamkeit gewonnen:

Nun bin ich dann doch beeindruckt. 290 Millionen Treffer – statt vorher 8.000. Digitale Demenz scheint ein Problem, das vor allem deutschsprachige Internetbenutzer betrifft. So muss es wohl irgendwie sein, oder?

Weil ich es einfach nicht lassen kann: Manfred Spitzer hat 6 Kinder – schreibt er in seinem Buch – und ich bringe da Verständnis für auf, dass das ein finanzieller Hochleistungsakt ist der auch irgendwie finanziert gehört. Zusätzlich vermute ich, dass Prof. Spitzer auch ganz genau weiss was er tut und wir alle nur Teil eines von ihm angelegten Versuchs sind zu überprüfen wie anfällig deutschsprachige Europäer dafür sind, Thesen von einem Professor als glaubwürdig etc. anzunehmen auch wenn die Qualität der Argumentation so windig ist, dass ein Orkan um die Ohren tost. Ich freu mich schon auf seine nächste Veröffentlichung, ein hochwissenschaftlicher Beitrag zur Untersuchung „Die Entstehung gesellschaftlicher Hysterie und Phobien mit Hilfe der Medien am Beispiel „digitale Demenz““.

10 Gedanken zu „Digitale Demenz ist ein Problem der Deutschsprachigen, sagt Google. Und Manfred Spitzer.

  1. Vgl.
    „alien“: 343.000.000 Ergebnisse (0,33 Sekunden)
    „hot ice“: 2.790.000 Ergebnisse (0,33 Sekunden)
    „black snow“: 1.370.000 Ergebnisse (0,29 Sekunden)
    „dark light“: 4.790.000 Ergebnisse (0,28 Sekunden)
    „dry water“: 823.000 Ergebnisse (0,34 Sekunden)

    aber: Keine Ergebnisse für „Spitzer liegt richtig“ gefunden

    Wenn man mit seiner Zeit nichts Besseres anzufangen wüsste, wäre ein Artikel über die Aussagekraft von Google-Ergebnissen eine interessante Sache…

    • @Anja 😀 … Ich dachte eigentlich, dass jemanden wie Spitzer sowas gar nicht passiert, und natürlich haben diese Zahl der Treffer sogut wie keine Aussagekraft. Sinnvoll wäre es, wenn man „stichhaltige“ Zahlen will – und nicht nur das, was Google zu einem Tag x gerade als „Zahl der Treffer“ betrachtet, und übrigens auch bei jedem anders anzeigt, zumindest wenn man eingeloggt ist – wenn man Google Insighs for Search nimmt. Naja, und was dabei herauskommt überrascht nicht, würde aber auch seine Argumentation nicht besser machen, wenn er das nutzt (wird seinen PR-Manager aber freuen): http://www.google.com/insights/search/?hl=de#q=digitale%20Demenz%2Cdigital%20dementia&cmpt=q

  2. Also ich finde das ja sehr anmaßend so zu schreiben. Ich selbst habe das „Phänomen“ bei mir beobachtet, noch bevor ich davon als „digitale Demenz“ gelesen habe.
    Nur weil es bisher noch nichts dazu gibt, bzw irgendjemand ja irgendwann immer anfängt einen Begriff für ein Phänomen einzuführen, heißt ja noch nicht das Spitzer ein Esoteriker ist und nur Bücher veröffentlicht um seine 6 Kinder um die Runden zu bekommen.
    Ich finde es durchaus bedenklich, dass ich ohne Internet und Smartphone kaum noch etwas wiedergeben kann. Digitale Demenz eben.

    • @Paul: Ich habe nicht geschrieben, dass Spitzer ein Esoteriker ist, sondern habe mich – polemisch und ironisch – über seine Argumentation lustig gemacht. Er bringt sich (und seine Kinder) auch nicht über die Runden, sondern wird an diesem und jedem anderen Buch sowie all seinen Fernsehauftritten richtig viel Geld verdienen. Und da hat er meine echte Bewunderung – das Buch gilt ja immerhin als Sachbuch. In welcher Weise mein Weblogbeitrag anmaßend sein soll, verstehe ich nicht.

  3. Ich denke, die netzweite Empörung rührt weniger aus der Aussage, dass die digitalen Medien auch negative Effekte haben, sondern an der Art der Argumentation. Das Beispiel von Sandra zeigt eine davon, nämlich der wenig sinnvolle Versuch, eine Aussage mit der Zahl der YouTube-Treffer zu belegen. In diesem Fall ist die Argumentationskette schlichtweg falsch, wenn man behaupten will, dass es die digitale Demenz gibt weil sie oft im Internet steht.

    Und ich mag ja ungern Deine Aussagen gegen Dich verwenden, aber https://twitter.com/anjalorenz/statuses/226747841379459072 😉

  4. Hier leiden offensichtlich auch schon einige an digitaler Demenz. Sonst würden die Beteiligten (Autor inklusive) selbst merken, was für einen Blödsinn sie von sich geben.

  5. Pingback: 23 Monate #iPadKAS: Review 2012 und Perspektiven « Das iPad im Unterricht an der KAS

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